Versicherung oder nicht? Juristische Grauzone beim Wasserschaden im Heizungsraum
Ein kleiner Defekt kann große Folgen haben: Eine undichte Zapfstelle im Heizungsraum führt unbemerkt zu einem erheblichen Wasserschaden. Doch die entscheidende Frage lautet: Zahlt hier die Versicherung – oder bleibt der Eigentümer auf den Kosten sitzen?
Genau diesen Fall stellen wir im aktuellen Video unseres Bauschadeninstituts vor:
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In diesem Artikel klären wir die wichtigsten technischen und rechtlichen Aspekte rund um den Thema bestimmungsgemäßer vs. bestimmungswidriger Wasseraustritt. Dazu zeigen wir praxisnahe Beispiele, rechtliche Bewertungen und geben Tipps, wie Eigentümer, Verwalter und Bauherren das Risiko minimieren können.

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Ein kleiner Schaden mit großer Sprengkraft
Der geschilderte Fall klingt banal: Ein simpler Anschluss für die Heizungsbefüllung tropft, Tag für Tag, unbemerkt. Erst nach Tagen zeigen sich Feuchteränder an den Wänden: die Estrich-Dämmschicht ist durchfeuchtet – ein erheblicher Gebäudeschaden.
Doch der eigentliche „Knackpunkt“ ist nicht die Technik, sondern die Juristerei:
War das Tropfwasser bestimmungsgemäß ausgetreten, also so, wie es für die Zapfstelle vorgesehen ist?
Oder war es bestimmungswidrig, weil Wasser nicht in den Raum, sondern nur über Schlauchleitungen in Heizkörper oder Eimer laufen darf?
Die Antwort entscheidet darüber, ob Versicherer zahlen oder nicht – und genau hier beginnt die Grauzone, in der Eigentümer schnell streiten müssen.
Der Schadenhergang im Heizungsraum
Im Video erklärt das Bauschadeninstitut, wie sich der Schaden ereignete:
Im Heizungsraum existiert eine Zapfstelle, meist ein kleiner Wasserhahn oder Sperrschieber mit offenem Gewinde für einen Schlauchanschluss.
Darunter befindet sich in vielen Gebäuden kein Abfluss, sodass Tropfwasser unkontrolliert auf den Boden fallen kann.
Im konkreten Fall war die Zapfstelle defekt, das Ventil schloss nicht vollständig.
Tropfwasser lief unbemerkt hinter Gegenstände, versickerte in die Fugen und gelangte in die Dämmschicht des Estrichs.
Nach einigen Tagen zeigte sich ein erheblicher Wasserschaden an den Böden und Wänden.
Der Schaden – juristisch und technisch ein Klassiker.
Versicherungstechnische Grundlagen
Bestimmungsgemäßer Wasseraustritt
Wasser tritt bestimmungsgemäß aus, wenn eine Zapfstelle, ein Hahn oder Ventil dafür vorgesehen ist, Wasser an genau dieser Stelle auszugeben. Beispiel: Man öffnet den Hahn bewusst, Wasser läuft in einen Eimer.
- Vorteil: Klarer vorhersehbarer Ablauf.
- Nachteil: Versicherer berufen sich oft darauf, dass es kein Schadenereignis ist, sondern Teil des normalen Gebrauchs.
Bestimmungswidriger Wasseraustritt
Ein Wasseraustritt gilt als bestimmungswidrig, wenn Wasser dort austritt, wo es nach Zweck und Bestimmung nicht vorgesehen ist. Beispiel: Rohrbruch, Leck im Schlauch, Defekt am Ventil.
- In den Standardbedingungen der Wohngebäudeversicherung (VGB) fällt bestimmungswidrig austretendes Leitungswasser regelmäßig unter den Versicherungsschutz.
Was sagt die VGB dazu?
Nach den Bedingungen vieler Versicherungsverträge gilt:
- Versicherte Gefahr: Leitungswasser, das aus Rohrleitungen oder deren Einrichtungen bestimmungswidrig austritt.
- Nicht versichert: Schäden durch Schwitzwasser, Grundwasser oder bestimmungsgemäßen Austritt ohne Schadenereignis.
Praktische Einordnung durch Sachverständige
Als Baugutachter sehen wir solche Fälle regelmäßig. Unsere Erfahrung zeigt:
Versicherer prüfen sehr genau, ob sie zahlen müssen.
Bei unklarer Definition „bestimmungsgemäß“ vs. „bestimmungswidrig“ kommt es auf Gutachten und juristische Expertise an.
Im Einzelfall entscheidet oft die Beweislage:
- War ein klarer Defekt am Bauteil nachweisbar?
- Handelte es sich um übliches Tropfen (kein Schadenereignis)?
- War der Schaden unvermeidbar oder hätte er früher entdeckt werden können?
Juristische Sichtweise – unterschiedliche Auslegungen
Einige Juristen argumentieren:
Bestimmungsgemäß: Wasser soll an der Zapfstelle austreten – Defekt hin oder her. Dann kein Versicherungsschutz.
Bestimmungswidrig: Der Zweck der Zapfstelle ist es, nur bei Nutzung Wasser abzugeben – ein selbstständiges Tropfen ohne Nutzung gilt als bestimmungswidrig. Dann wäre der Schaden gedeckt.
Rechtlich bewegt sich der Fall in einer „Grauzone“. Oft hängt es vom konkreten Wortlaut der Versicherungsbedingungen und den individuellen Sonderklauseln ab.
Statistiken: So häufig sind Wasserschäden
Laut GDV (Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft) entstehen jährlich über 1,1 Millionen Leitungswasserschäden in Deutschland.
Kosten für Wohngebäudeversicherer: über 3,4 Milliarden Euro pro Jahr.
Damit sind Wasserschäden die häufigste Schadenursache in Wohngebäuden.
Gerade dieser hohe Anteil sorgt dafür, dass Versicherer streng prüfen – und Streitfälle wie im Video Alltag sind.
Fazit: Versicherungsschutz sichern
Dieser Fall zeigt eindrücklich:
Technik und Recht gehen Hand in Hand.
Ob ein Schaden versichert ist, hängt nicht nur vom Defekt, sondern insbesondere von der juristischen Auslegung der Bedingungen ab.
Eigentümer, die Klarheit wollen, sollten ihre Versicherungsverträge sorgfältig prüfen (Stichwort: Sonderbedingungen).
Im Zweifel sind sachverständige Gutachten und juristische Beratung unverzichtbar, um Ansprüche durchzusetzen.

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